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Angeordneter Massenmord an sowjetischen Kriegsgefangenen.

In Buchenwald wurde der von September 1941 bis mindestens 1943 praktiziert. An die damaligen Ereignisse erinnert sich der Buchenwaldüberlebende Ottomar Rothmann in seiner Rede am 68. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald zur Veranstaltung „4. Treffen der Nachkommen“ am 14. April 2013

Im Schießstand der Deutschen Ausrüstungswerke neben dem Lager erschießt die SS im September 1941 die ersten sowjetischen Kriegsgefangenen. Später richtet sie in einem umgebauten Pferdestall westlich des Lagers eine Erschießungsanlage ein, die sie bis Ende 1942 nutzte.SS Leute, verkleidet mit Ärztemänteln töteten die Gefangenen durch Genickschuss.Später wurde die Ermordung durch Erhängen im Keller des Krematoriums durchgeführt. Vom SS-Kommando "99" werden in den zwei Jahren über 8000 sowjetische Kriegsgefangene durch Genickschuss ermordet.

Vor dem Gedenkstein1 Vor dem Gedenkstein2

Dr. Kummer und Valerij Machartschenko am Gedenkstein

Auch Zivilgefangene, darunter auch Frauen kamen nach Buchenwald. So auch in unseren Häftlingsblock, den Block 17. Ich war seit 1943 politischer Schutzhäftling mit der Häftlingsnummer 6.028 auf dem Block 17 des Konzentrationslagers Buchenwald. Dieser Block hatte eine besondere Bedeutung. Er galt als Zugangsblock, auch Isolierblock und war mit einem Stacheldrahtverhau von den anderen Blocks abgetrennt. Alle Zugänge, außer den größeren Transporten, kamen für ca. 14 Tage auf Block 17, bis die Kameraden nach dieser Zeit auf die anderen Blocks, entsprechend ihrer Nationalität verlegt wurden. Eine weitere Besonderheit bestand darin, dass alle Außenkommandos von Buchenwald dem Block 17 zugeordnet waren. Wer von den Kameraden z.B. Genehmigung hatte, Post zu schreiben oder zu senden, musste als Anschrift immer KL Bu Block 17 angeben. Die meisten von ihnen haben den Block von innen gar nicht gekannt.

Auf diesen Block 17 war ich als Schreiber eingesetzt. In dieser Eigenschaft bekam ich davon Kenntnis, dass seit ca. 1944 auch Frauen in den Außenkommandos von Buchenwald eingeliefert werden. Im Sommer 1944 wurden auch wir auf dem Block von Folgendem überrascht: Von der Häftlingsschreibstube wurde mir, zu meiner Verwunderung vom Kapo mitgeteilt, dass noch am gleichen Abend nach dem Appell unser Block auf Befehl des Rapportführers geräumt werden muss. Nur die Kameraden, die ständig auf dem Block arbeiten, wie Blockältester, Schreiber und Stubendienst müssen auf dem Block verbleiben. Einen Grund für diesen Befehl konnte der mir sonst meist gut informierte Kapo der Schreibstube, Hans Neumeister, nicht nennen. Gleichzeitig wurde mir die Liste übergeben, nach welcher ich die Kameraden auf andere Blocks zu verlegen hatte. Im Dauerlauf begab ich mich zurück auf unseren Block, um schnell alle Vorbereitungen für diesen Umzug zu treffen. Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass gegen 22.00 Uhr alles durchgeführt war.

Am anderen Vormittag- wir waren gerade mit dem Reinigen des Blockes fertig geworden- wurde der Blockälteste zur Schreibstube gerufen. Wir waren beide überrascht, als wir erfuhren, dass ein Transport russischer Frauen auf dem Block untergebracht werden sollte. Der Befehl des Kommandanten Hermann Pister, dass kein anderer Häftling zu diesen Frauen Kontakt aufnehmen darf, wurde uns ebenfalls übermittelt. Es war gegen Mittag, als die angekündigten weiblichen Häftlinge vom Blockführer Schramm dem Blockältesten Otto Storch übergeben wurde. Sie waren Frauen aller Altersgruppen.

Sie waren in einem schwachen körperlichen Zustand, sehr ausgehungert und mangelhaft gekleidet. Die Verständigung zwischen uns klappte durch Gesten und Sprachbrocken wunderbar. Unsere Kameradinnen aus dem fernen Russland spürten sofort, dass vor ihnen andere Deutsche standen. Deutsche, die mit ihnen im gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus vereint waren. Es sei erspart zu erwähnen, welchen Demütigungen unsere Frauen von den SS Banditen ausgesetzt waren.

Die Ankunft von Frauen und Mädchen im Lager löste eine Welle der Solidarität aus. Von jedem Block wurden gesammelte Rationen Lebensmittel, wie Brot, Margarine, Marmelade, aber auch Bekleidungsstücke gebracht und übergeben. Sie spürten die Solidarität und die ganze Liebe des Häftlingslagers. Dieser Akt der Häftlingssolidarität war eine wichtige Aufgabe im Überlebenskampf hinter Stacheldraht.

Es gab aber noch mehr zu tun. Viele russische Kameraden wollten wissen, ob ihre Mütter, Frauen, Schwestern, Töchter oder andere Verwandte unter den hier Eingelieferten waren. Auch Zusammentreffen sollten wir ermöglichen. Den gleichen Wunsch hatten natürlich auch unsere Frauen. Wir nutzen die Dunkelheit, um entgegen dem Befehl des Kommandanten die inzwischen mit Hilfe der Häftlingsschreibstube ermittelten Angehörigen heimlich in den Block einzuschleusen. Es finden sich keine Worte, um dieses Wiedersehen im Block 17, dem Quarantäneblock, zu schildern. Fest steht, dass mir und anderen Kameraden dieses Erlebnis neue Kraft gegeben hat, die Anstrengungen hinter Stacheldraht zum Kampf gegen die Faschisten zu erhöhen. Unsere Frauen verblieben einige Tage auf unserem Block, bevor sie in das berüchtigte Frauenkonzentrationslager Ravensbrück abtransportiert wurden. Jeder Handschlag, jede Umarmung und jeder Kuss beim Abschied sind unvergesslich in Erinnerung geblieben. Wir trennten uns in der Gewissheit, dass die Stunde des Sieges über den Faschismus nicht mehr fern ist. Jetzt hatten wir auch die Gewissheit, und nicht mehr nur die Hoffnung.

Trotz der Kürze ihres Aufenthaltes in Buchenwald, werden unsere Frauen Buchenwald nicht vergessen können. Ja so ist es wirklich, Buchenwald kann man nicht vergessen, nicht die Qualen und Demütigungen, nicht die grauenvollen äußeren Umstände und Lebensbedingungen im Lager. Aber unvergessen bleibt auch die Hilfe und Solidarität, der gemeinsame Wille zum Überleben der Kameraden hinter Stacheldraht. Diese Tatsache kommt auch im Refrain des Buchenwaldliedes zum Ausdruck. Da heißt es u.a.: „Oh Buchenwald ich kann dich nicht vergessen, weil du mein Schicksal bist. Wer Dich verließ der kann es erst ermessen, wie Wundervoll die Freiheit ist.“

Am 19. April 1945 haben wir auf unserer Trauerkundgebung auf dem ehemaligen Appellplatz u.a. geschworen: „ Der Aufbau einer neuen Welt des Frieden und der Freiheit ist unser Ziel.“

Ein Blick in unsere Geschichte verpflichtet uns, alle Kraft gegen Neo- Nazis, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz in jeder Form einzusetzen. Das sind wir unseren demokratischen Freiheiten schuldig.

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