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Angeregter Disput zum deutsch-russischen Verhältnis

Am Mittwoch, 9. November 2016, fand in der Friedrich-Ebert-Stiftung im erfurter Hermann-Brill-Haus eine Diskussionsveranstaltung in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Russischen Freundschaftsgesellschaft in Thüringen e.V. zum Thema: "Die Deutsch-Russischen Beziehungen im Wandel der Zeit" statt.

Die Veranstaltung war Bestandteil des Aufenthaltsprogrammes einer russischen Delegation aus Moskau im Rahmen des Informationsprojekts "Pädagogische Erinnerungsarbeit und moderne Gedenkstättenkultur in Erfurt, Weimar und Nordhausen vom 9. bis 11. November 2016".

Angeregter Disput zum deutsch-russischen Verhältnis

Dr. Paul Pasch, Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung Thüringen  führte mit herzlichen Worten in den Abend ein und begrüsste die Gäste.

Zu Beginn gab der Leiter der russischen Delegation, Prof. Dr. Oleg Budnitckiy einen Überblick über die Higher School of Economics in Moskau. Sie sei von ihrer Bedeutung und ihrer Finanzausstattung die drittgrösste Einrichtung der Russischen Föderation. Die Higher School of Economics (HSE) ist eine seit 1992 bestehende und inzwischen in Russland führende Hochschule mit Schwerpunkt auf wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Fächer. Seit 2010 ist sie Nationale Forschungsuniversität. Heute studieren insgesamt 25.000 Studierende - davon ca. 16.000 in Moskau, die restlichen an den Filialen in St. Petersburg, Nishnij Nowgorod und Perm - an der HSE. 2.500 Professoren und Lehrbeauftragte arbeiten auf den insgesamt 4 Campus. Insgesamt 10 Fakultäten bieten gut 75 Studienprogramme an. Knapp 800 Doktoranden, von denen die Hälfte von anderen Hochschulen kommt, sind an der HSE eingeschrieben.

Moderator Henry Bernhard konstatierte, dass Russland mit keinem Land der Welt unterhalb der diplomatischen Ebene so eng vernetzt ist wie mit Deutschland - weder mit den USA noch mit Frankreich oder auch einzelnen GUS-Staaten. Im Kontext der Annexion der Krim durch Russland im März 2014, haben sich die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland verhärtet. Umso wichtiger sind vor diesem Hintergrund zivilgesellschaftliche Partnerschaften sowie ein reger Kultur- und Bildungs-austausch zwischen den Nationen.

Die Deutsch-Russische Freundschaftsgesellschaft in Thüringen e.V. ist ein solcher Verein, der sich national wie international für eine gute Zusammenarbeit der Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion einsetzt.

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Dies betonte Dr. Martin Kummer, Landesvorsitzender der Deutsch-Russischen Freundschaftsgesellschaft in Thüringen, der neben Prof. Dr. Oleg Budnitckiy, Marina Fadejewa, einer Studierenden an der Moskauer Higher School of Economics und Sergej Lochthofen, freier Autor, auf dem Podium Platz genommen hatte. In bewährte Weise moderierte Henry Bernhard, Journalist und Landeskorrespondent für den Deutschlandfunk, die Diskussionsrunde.

Wie nicht anders zu erwarten bildete ein Ereignis, die Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten, den Einstig in die Diskussion. „Die USA werden sich erheblich verändern und wir in Europa werden das deutlich zu spüren bekommen“, so Sergej Lochthofen und inwieweit diese neue Situation auch Auswirkungen auf die künftigen Beziehungen Amerikas zu Russland haben wird, wollte er vorerst nicht weiter kommentieren. Einig waren sich die Diskutanten, dass die Beziehungen Europas zu Russland sich wieder normalisieren müssen. Dazu gehören der Verzicht von Ultimaten, gegenseitige Vorwürfe, Unterstellungen oder Vorbedingungen. Kurz gesagt, ist es beiden Seiten bisher nicht gelungen, dem dramatischen politischen Vertrauensverlust ein glaubwürdiges und genügend attraktives Konzept von Kooperation zwischen Ost und West entgegen zu setzen. Mehr als das: In der EU wird nach wie vor grundsätzlich gestritten, ob es besser ist, mit Russland in der Sprache von Sanktionen, Abgrenzung und Vorbedingungen zu sprechen oder auf kooperative Angebote zu setzen. In dieser Situation bleibt nur eine Realpolitik der kleinen Schritte. Der sogenannte Dialog war bisher eher ein Austausch von in sich geschlossenen Weltbildern und Erklärungsmodellen. Deutschland ist nicht der Oberlehrer für Russland. Sanktionen sind kein Instrument für Verhandlungen auf Augenhöhe.

Marina Fadeeva konnte selbstbewusst feststellen, dass sich die demokratischen Ansichten der Jugendlichen in Russland wie auch in Deutschland auf einer guten Grundlage entwickeln. Sie hofft für die Zukunft,dass vernünftige Beziehungen in den deutsch-russischen Beziehungen die Oberhand gewinnen werden.

„Wir müssen also beim Jugendaustausch, bei den Städteverbindungen und bei den kulturellen Veranstaltungen ansetzen“, so Dr. Kummer. Dabei helfen die vom Auswärtigen Amt geförderten Projekte im Rahmen der "Östlichen Partnerschaft und Russland". Er verwies darauf, dass Thüringen im Ensemble der Bundesländer, das einzigste Land ist ohne Vereinbarungen über eine Partnerregion in der Russischen Föderation. Unbedingt müssen auch die Visavereinbarungen erleichtert werden, damit möglichst viele junge Russen beispielsweise unsere EU- Länder leichter kennen lernen können, war seine Forderung.

Herr Mirko Hempel, Leiter der Friedrich Ebert Stiftung Moskau in der Russischen Föderation begleitete die Delegation und bedankte sich für den gelungenen Diskussionsabend.

Text: Günter R.Guttsche
Fotos: Dr.Reinhard Duddek

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